Home
Leseproben
Lorelay "Wiener Schlampengeschichten"
Rezension und Leseprobe:
Geschichten über den (weiblichen) Alltag gibt es viele. Wie der
Titel bereits verrät, geht es hier um einen Berufszweig, der in der
Literatur zwar durchaus vertreten ist, dabei aber selten die Damen
selbst zu Wort kommen. In “Wiener Schlampengeschichten” sind die
vier Protagonistinnen im besten Alter, weder arm noch dumm und sie
verdienen ihr Geld (zumeist) liegend. Mizzi, Alissia, Donna und
Betti erzählen Begebenheiten aus ihrem Berufs- und Privatleben, und
so manche Anekdote mögen manche Moralapostel für eine grenzwertige
Szene aus einem schlechten Film halten.
Doch: “Mit losem Mundwerk, lockeren Sprüchen und Wiener Charme
lassen die ‘Mädels’ Vorurteile zerbröseln wie trockene Fredi-Kekse,
geben Einblick in die Gedanke und Gefühle der Callgirls und lassen
den Leser vielleicht so manches aus einer neuen Perspektive
wahrnehmen.” Betti, Mizzi, Alissa und Donna entsprechen nicht ganz
dem Klischee, die man von Prostitutierten haben könnte.
Die vier Frauen sind g’standene Weibsbilder, die ihren Beruf selbst
gewählt haben. Weder Unwissenheit noch soziale Nöte haben sie dazu
gebracht als Callgirl oder Erotikmasseurin zu arbeiten. Alissa ist
Mutter von vier Kindern, Mizzi verheiratet, Betti lebt mit Hund und
Katzen in einer Innenstadtwohnung und Donna steht kurz davor ihrem
neuen Freund davon zu erzählen, wie sie ihr Geld verdient.
Die Erzählungen handeln auch nicht von brutal-geilen Männer, die es
in einem dreckigen Hinterhof einer Nutte so richtig besorgen wollen.
Manche Kunden geben vor dem Sex ihre Dritten in ein Wasserglas.
Andere brauchen jemanden zum Zuhören und Kuscheln oder haben
Bedürfnisse, die eine “normale” Frau nicht erfüllen kann oder will.
Und manchmal ist eine Tischdekoration gefragt, die nach dem Essen
vernascht wird. Und stets sind die Damen auf Ordnung und Sauberkeit
bedacht. Kein Fummeln mit dreckigen Händen, kein Blasen ohne Gummi:
Am späten Nachmittag kommt dann ein kleiner, dünner. Ein
Stammkunde. Den Anita netterweise mir überlässt. Ohne Verhandeln.
Als Ausgleich für den Kurti, sozusagen. Er zahlt einen Hunderter,
einmal Massage und Blasen, bitte sehr! Er schaut zwar überrascht,
als ich ihm den Gummi rüberziehe, aber mit einem frisch gezogenen
Zahn ist die ungewohnte Benachteiligung leicht erklärt. Ich blas
nicht ohne Gummi – außer ich will! Und offenes Zahnfleisch ist
schließlich eines der häufigsten Leiden unter den Professionellen.
Sagt man …
Die Erzählungen der vier “Schlampen” werden von der Autorin
in erster Linie authentisch und sehr witzig serviert – nicht nur
durch die Situationen, in denen Betti, Mizzi, Alissa und Donna
(zwangsläufig) geraten. Es ist besonders der Wiener Schmäh in
Kombination mit weiblichen Urteilsvermögen. Eine gewisse sexuelle
Aufgeschlossenheit seitens des Lesers wäre ratsam, um das Buch auch
wirklich lustig zu finden. Dann könnte es auch sein, dass diese
Geschichten nicht nur inspirierend sind, sondern auch eine erotische
Wirkung haben…
.........
Ende der Leseprobe
Home